Die meerjungfrauenhafte Hülle ihres Geistes mag als naives, doch märchenhaftes Bild erscheinen, doch birgt sie eine Sirene, kälter als der absolute Nullpunkt, trockener als jede Wüste dieser Welt. Delphine lebt auf dem Grund des Meeres, umschlungen von Dunkelheit und Tod und doch ist Angst ihr ein Fremdwort, sind die Leichen auf dem kargen Sand doch schon längst zu ihren besten Freunden geworden.

Nach Delphine sucht man nicht in den tropischen, den warmen, bevölkerten Gewässern. Man trifft sie am eisigsten Punkt der See, dort, wo sich kein gesunder Mensch freiwillig aufhalten würde, denn dort herrscht sie allein. Sie ist die Königin von schleierhaften Nichts und doch allem, was sie braucht, um frei Atmen zu können. Ihre Seele ruht im sanften Kern grauer Regenwolken und ihr Herz schlägt unberührt in den verlorenen Ruinen Atlantis, versteckt und steinern, auf dass niemand je die herbstfarbenen Lichtwogen erahnen wird, die ihm beiwohnen. Sie ist Schneegestöber und Novemberregen, dichtester Nebel und tiefste Dunkelheit, aber Delphine ist auch das Licht von unzähligen Sternen, sie ist die Wärme der tristen Ehrlichkeit und das schlagende Herz eines toten Schmetterlings.